Ohrwürmer, Insekten die jeder kennt, aber kaum jemand etwas über sie weiß. Wir geben den Überblick.
Ohrwürmer – was sind das eigentlich für Tiere?
Zur Klarstellung: Ohrwürmer sind weder Würmer, noch kriechen oder kneifen sie uns in die Ohren. Es sind vielmehr Insekten, denn sie haben 6 Beine und sie haben Flügel, die allerdings stark reduziert sind, sodass sie damit kaum fliegen können. Am häufigsten und bekanntesten in Mitteleuropa ist der Gemeine Ohrwurm, Forficula auricularia.
Ohrwürmer – schädlich oder nützlich?
Diese Frage kann ganz klar beantwortet werden: Ohrwürmer sind nützlich!
Wir finden verschiedene Arten in unseren Gärten. Die beiden Blattlausjäger, der Gemeine Ohrwurm und der Gebüsch-Ohrwurm sind im Garten ausgesprochen nützlich. Und auch die beiden anderen im Garten lebenden Arten, der Zwerg-Ohrwurm und der Sandohrwurm tragen ihren Teil dazu bei, dass totes Pflanzenmaterial und Aas beseitigt wird.
Ernährung, Lebensraum und Vermehrung von Ohrwürmern
Der Gemeine Ohrwurm kommt bei uns am häufigsten vor. Er ist anpassungsfähig und versteckt sich gerne in Ritzen und Spalten. Er ist ein Allesfresser und betreibt eine intensive Brutpflege.
Was fressen Ohrwürmer?
Der Gemeine Ohrwurm ist ein Allesfresser: Er frisst pflanzliches Material und saugt den Saft von zerkauten Pflanzenteilen und Blütenknospen, sowie Pilze (auch Mehltau-Pilze!) und Aas. Außerdem macht er auch aktiv Jagd auf andere Insekten, darunter viele Schädlinge. Ganz oben auf seinem Speiseplan stehen vor allem Blattläuse, gefolgt von den, an Blättern fressenden, Raupen.
Schon gewusst?
Bereits junge Ohrwürmer und Exemplare im letzten Larvenstadium können in einer Nacht bis zu 50 Blattläuse vertilgen.
So können von einigen wenigen Ohrwürmer in kurzer Zeit ganze Blattlauskolonien vernichtet werden, selbst dann, wenn sich diese Blattläuse in Blattwickeln versteckt halten.
Weitere Ohrwurmarten haben andere, interessante Futtervorlieben:
- Der Sandohrwurm ernährt sich hauptsächlich von geschwächten, sterbenden und toten Insekten.
- Der Gebüsch-Ohrwurm ernährt sich ebenfalls von Blattläusen, aber auch von ihren Ausscheidungen, dem Honigtau.
- Der Zwerg-Ohrwurm lebt vor allem von verrottendem Pflanzenmaterial und anderen Rückständen, die er vor allem auf dem Komposthaufen findet.
Wo halten sich Ohrwürmer im Garten auf?
Den Gemeinen Ohrwurm findet man fast überall im Garten, wo sie ein geeignetes Versteck finden: an Bäumen unter der Rinde, oder in deren Ritzen und Spalten. Aber auch am Boden unter Falllaub, Totholz, unter größeren Steinen und sogar in Fallobst, wo sie in die vom Apfelwickler verlassenen Gängen kriechen. Zu ihren Lieblingsplätzen gehören Blumentöpfe.
Unser Tipp!
Man hängt einen leeren Blumentopf mit Stroh oder Baumwolle kopfunter an einem Ast auf. Die Ohrwürmer lieben es!
Weitere Arten halten sich an anderen Orten auf:
- Der Zwerg-Ohrwurm Labia minor ist etwas wärmeliebender. Deshalb zieht er sich tagsüber im Garten in den Komposthaufen zurück.
- Der Gebüsch-Ohrwurm Apterygidia media hält sich vor allem im Schatten auf, unter Gebüsch, Bäumen und Sträuchern.
- Der Sandohrwurm Lapidura ripalia hält sich vor allem in und auf sandigen, feuchten Böden auf. Im Garten wäre also die Feuchtrandzone eines größeren Gartenteichs der ideale Lebensraum für diese Art. Im feuchte Sand legt er auch Gänge an, die durch ihre dreieckige Öffnung auffallen.
Fortpflanzung und Vermehrung
Bemerkenswert ist die intensive Brutpflege des Ohrwurm-Weibchens: Es legt im Frühjahr etwa 40 bis 60 Eier in eine von ihm selbst gegrabene Erdhöhle, in die noch weichen, oberen Bodenschichten ab.
Das Gelege wird vom Weibchen kontinuierlich bewacht. Nachdem die Larven geschlüpft sind bleiben sie noch bis zu 6 Wochen in dem von ihrer Mutter angelegten Nest.
Erst wenn sich die Ohrwurm-Larven ein zweites Mal gehäutet haben, kommen sie an die Oberfläche. Doch auch dort werden sie weiter von der Mutter geführt.
Schon gewusst?
Ohrwürmer gehören zu den Insekten, die sich am Ende der Larvalzeit nicht verpuppen. In ihrer Entwicklung häuten sie sich vielmehr von Larvenstadium zu Larvenstadium und werden dabei ihren Eltern immer ähnlicher.
Die Ohrwürmer, die im Frühjahr geschlüpft sind, sind im Herbst endlich ausgewachsen und geschlechtsreif. Dann paaren sich Männchen und Weibchen und das Weibchen legt dann im Spätherbst Eier. Das Weibchen bewacht das Gelege und behütet es, bis im Frühjahr die nächsten Generation schlüpft und heranwächst.
Lebensraum der Gemeinen Ohrwürmer
Der Gemeine Ohrwurm ist sehr anpassungsfähig, was die Höhenlage, die Luft- und Bodentemperaturen und auch den Lebensraum betrifft: Man findet ihn in fast ganz Europa (lediglich in Island gibt es überhaupt keine Ohrwürmer) in Wäldern, Gärten und offenen Kulturlandschaften ebenso wie im reinen urbanen Lebensraum. Auch in unseren Gärten ist er nach wie vor die häufigste Ohrwurmart.
Aussehen
Der ausgewachsene Gemeine Ohrwurm wird 1 bis 1,5cm lang. Die kurzen Flügel sind stark reduziert. Auf den ersten Blick fallen ihre Schwanzanhänge auf, die zu Zangen umgebildet wurden. Fühlen sich die Ohrwürmer bedroht, dann richten sie die Zangen als Drohgebärde auf.
Bei den Männchen sind diese Zangen kräftiger und größer ausgebildet als bei den Weibchen. Neben ihrer Verteidigung dienen die Zangen auch dazu, die erbeutete Nahrung zu ergreifen und sie sind ihnen beim Entfalten der bis zu vierzehnfach gefalteten und zusammengelegten Hinterflügel behilflich.
Menschen müssen aber vor diesen Zangen keine Angst haben! Selbst wenn man einen Ohrwurm bloßen Händen anfasst, kann er einen mit seinen Zangen weder kneifen, noch durch die Haut hindurch beißen. Und schon gar nicht kriecht uns ein Ohrwurm ins Ohr und kneift uns dort. Auch wenn er im Volksmund manchmal auch Ohrkneifer genannt wird.
Einheimische Ohrwurm-Arten
Doch es gibt nicht nur eine Ohrwurm-Art: Weltweit sind es ungefähr 2000 Arten. Und in Deutschland sind es immerhin noch 10 Arten. Von diesen 10 Arten sind jedoch nur 5 Arten bei uns ursprünglich heimisch:
- Gemeiner Ohrwurm
- Waldohrwurm
- Bergwaldohrwurm
- Gebüschohrwurm
- Kleiner Ohrwurm
- Zweipunkt-Ohrwurm
Der Sandohrwurm wurde aus den Tropen eingeschleppt und kommt inzwischen in der Norddeutschen Tiefebene regelmäßig vor. Der Südliche Ohrwurm stammt ebenfalls aus den Tropen, kann sich bei uns aber nur synanthrop, d. h. in der Nachbarschaft menschlicher Siedlungen halten, ebenso wie der aus Nordamerika eingeschleppte Gewächshausohrwurm und der ursprüngliche Maravia arachidis (der so neu hier ist, dass er noch gar keinen deutschen Namen bekommen hat).
Es ist zu vermuten, dass im Zuge der Klima-Erwärmung noch weitere Arten zu uns finden und sich hier ansiedeln werden. Es besteht allerdings kein Grund, sich Sorgen zu machen: Keine dieser 10 Arten schadet unseren Pflanzen oder Tieren. Im Gegenteil: Ohrwürmer sind ausgesprochen nützlich.
Ohrwürmer in unseren Gärten
Doch welche dieser Ohrwurm-Arten besiedeln unsere Gärten? Im Freiland finden wir bisher:
- Gemeiner Ohrwurm Forficula auricularia
- Kleiner oder Zwerg-Ohrwurm Labia minor (meist nur einen halben Zentimeter lang)
- Gebüschohrwurm Apterygida albipennis
- Sandohrwurm Labiduria riparia (er wurde bisher allerdings nur in Norddeutschland gefunden)
In unseren Gewächshäusern fühlen sich drei Arten wohl:
- Südlicher Ohrwurm Euborellia anulipes
- Gewächshaus-Ohrwurm Euborellia anulipes
- Marava arachidis.
Schon gewusst?
Alle Arten sehen sich zum Verwechseln ähnlich, lediglich an der Form ihrer Hinterflügel lassen sie sich unterscheiden (die Gebüschohrwürmer haben sogar gar keine Hinterflügel mehr).
Nur Spezialisten können die Arten sicher bestimmen.
Ruheplätze für Ohrwürmer schaffen
Ohrwürmer sind nützlich und gern gesehene Gäste in unseren Gärten. Wir haben ganz einfach die Möglichkeit ihnen einen Ruhe- und Rückzugsort zu schaffen in Form eines umgedreht- aufgehängten Blumentopfes.
Tages-Ruheplätze der Ohrwürmer
Alle bei uns vorkommenden Ohrwurmarten sind nachtaktiv und wollen sich tagsüber zur Ruhe zurückziehen.
Hier ruhen die Ohrwurmarten:
- Der Sandohrwurm zieht sich in seine Wohnröhre zurück
- Der Zwergohrwurm schiebt sich unter lockeres Pflanzenmaterial auf dem Komposthaufen.
- Gemeine Ohrwürmer nehmen gerne einen mit trockenem Heu, Baumwolle oder Stroh gefüllten und umgekehrt an einem Ast aufgehängtem Blumentopf.
Unser Tipp!
Für Ohrwurm und Mensch ist es von Nutzen, einen Blumentopf umgedreht und mit Heu oder Stroh gefüllt in die unmittelbare Nachbarschaft einer Blattlauskolonie zu hängen!
Ob ein solcher Blumentopf auch als Ruhequartier vom Gebüsch-Ohrwurm angenommen wird, ist bisher nicht dokumentiert. Wahrscheinlich müsste man diesen Blumentopf eher in Bodennähe im Gebüsch aufstellen.
Wie überwintern Ohrwürmer?
Beim Überwintern haben verschiedene Ohrwurm-Arten unterschiedliche Herangehensweisen:
- Der Zwergohrwurm und der Sandohrwurm graben sich tief in den Komposthaufen, bzw. in den feuchten Sandboden ein und überwintern dort.
- Gemeine Ohrwürmer ziehen sich zum Überwintern in tiefe Risse und Spalten in der Baumrinde oder unter Totholz oder einen Laubhaufen zurück.
- Der Gebüschohrwurm überwintert im Falllaub und im Boden.
Namensgebung der Ohrwürmer
Es gibt zwei Erklärungen, wie der Ohrwurm zu seinem Namen kam:
- In der Antike wurden diese Insekten getrocknet, im Mörser pulverisiert und dann als Medikament zur Behandlung von Ohrleiden eingesetzt.
- Die vollständig entfalteten, dünnhäutigen Hinterflügel sind ohrförmig rund.